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Guitar Drag (2000) – Christian Marclay

Christian Marclay

Von den ersten Geräuschen von Klebeband, das gerade abgerissen wird, den vertrauten Klängen zart angeschlagener Gitarrensaiten, zum Lärm eines startenden Motors und dann nach und nach zum Beginn eines Lauts, der hohl und doch menschlich ist und uns dann vom tiefsten Brüllen zu schrillen Schreien führt, bis sich ganz am Ende alles verlangsamt und scheinbar widerwillig stoppt: Ob man nun den Hintergrund dieses Werks kennt oder nicht, sein Klang allein regt die Vorstellungskraft an, lässt der Seele keinen Frieden. Auch wenn man es einfach nur als wunderschönes, lautes Klangwerk sehen (oder hören) könnte, steckt doch zu viel hinter der Idee von Guitar Drag [Gitarrenschleifen], als dass es einen nicht ruhelos und nachdenklich stimmen würde.

Guitar Drag hat viele verschiedene Verweisebenen; es spielt auf das rituelle Zertrümmern von Gitarren bei Rockkonzerten an, es erinnert an Fluxus und seine zahlreichen Zerstörungen von Instrumenten. Mit seinen Verweisen auf die Landschaft von Texas, wo es gedreht wurde, mit seinen Bezügen auf Cowboys und Rodeos, ist es auch wie ein Roadmovie. Es geht um Gewalt im Allgemeinen und genauer gesagt um das Lynchen von James Byrd Jr., der hinter einem Pick-up zu Tode geschleift wurde. Ich wollte unbedingt, dass das Video diese mehrfachen Ebenen hat und Gegensätzliches in der Vorstellung des Betrachters auslöst. Das Stück ist letzten Endes anziehend und abstoßend zugleich. (C. M.)

Still from video projection
© Christian Marclay. Courtesy of Paula Cooper Gallery, New York

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